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Transformations Strategien im Verlagswesen

Vergleich von Transformationsansätzen für Verlage

 

Key Facts

  • Die aktuellen Herausforderungen, insbesondere die veränderten Kundenbedürfnisse und der Kostendruck in der Verlagsbranche, machen eine Transformation unvermeidbar
  • Vielzahl von Verlagen entscheidet sich für sukzessive Transformationen mit Fokus auf Digital Publishing anstatt einer ganzheitlichen Transformation
  • Ganzheitliche Transformation ist effizienter als sukzessive Transformation und ermöglicht schnellere Ausrichtung auf Marktbedürfnisse und Kostenreduktion

Verlage sehen sich einem veränderten Marktumfeld ausgesetzt

Das Verlagswesen hat in den letzten Jahren eine Reihe signifikanter Veränderungen erlebt. Die digitalen Technologien haben den Markt erheblich verändert, die Kundenbedürfnisse haben sich gewandelt und die Wettbewerbssituation ist anspruchsvoller geworden. Diese Veränderungen haben einen erheblichen Einfluss auf das operative Geschäft von Verlagen. In diesem Text werden die drei wichtigsten Veränderungen – technologische Innovationen, Veränderung und Erweiterung der Kundenansprüche sowie Veränderung des Marktumfelds – besprochen und Transformationsstrategien diskutiert.

1. Technologische Innovationen:

Verlage sehen sich mit einer Reihe notwendiger technologischer Innovationen konfrontiert. Zum Beispiel können Cloud-basierte Software-as-a-Service (SaaS) Ansätze die Wartbarkeit und Zukunftsfähigkeit derzeitiger Altsysteme erheblich senken. Dies ermöglicht es Verlagen, ihre Geschäftstätigkeiten effizienter und kosteneffektiver zu gestalten. Die Notwendigkeit ergibt sich, um einem steigenden Kostendruck aufgrund sinkender Umsätze und steigender Kosten von Altsystemen entgegenzuwirken.

2. Veränderung und Erweiterung der Kundenansprüche:

Die Veränderung der Kundenansprüche ist unter anderem auf die exponentielle Zunahme digitaler Lösungen und der damit einhergehenden signifikant sinkenden Nachfrage nach Printprodukten zurückzuführen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Umsatzrückgang zu kompensieren, müssen sich Verlage an die neuen Bedürfnisse ihrer Kunden anpassen und digitale Angebote entwickeln. Es ist jedoch festzuhalten, dass Umsätze durch digitale Angebote nicht vollständig den Umsatzrückgang im Printbereich kompensieren können.

3. Veränderung der Marktangebote und Konkurrenz:

Eine der größten Veränderungen im Marktumfeld für Verlage ist die sinkende Markteintrittsbarriere. Sie führt dazu, dass eine größere Anzahl an Unternehmen, insbesondere technologieorientierte Global Player, wie zum Beispiel Google, Apple, etc., in den Markt eintritt. Dies stellt eine Herausforderung für Verlage dar, da sich der Wettbewerb verstärkt und sie somit mehr als zuvor um Kunden und Umsatz konkurrieren müssen. Insgesamt ist es wichtig für Verlage zu erkennen, dass sich ihr operatives Geschäft im Wandel befindet und sich die Marktbedingungen und technologischen Innovationen ständig weiterentwickeln. Sinkende Umsätze sind hierbei eine besondere Herausforderung, da diese eine Investition in die eigene Transformation erschweren. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit Kosteneinsparungen zu realisieren. Verlage müssen sich all diesen Herausforderungen stellen, indem sie ihre Geschäftspraktiken anpassen und sich auf die sich verändernden Kundenbedürfnisse einstellen. Dies wird es ihnen ermöglichen, auch in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich zu sein und ihr Geschäft auszubauen.

Zur Bewältigung aktueller Herausforderungen müssen strategische Ziele verfolgt und passende Modernisierungsmaßnahmen identifiziert werden

In der aktuellen Wirtschaftslage stellen die Veränderungen im Marktumfeld eine große Herausforderung für Verlage dar. Um erfolgreich zu sein und die eigene Marktposition zu sichern, ist es wichtig, strategische Ziele zu verfolgen und passende Modernisierungsmaßnahmen zu identifizieren. Hierzu eignet sich die Betrachtung folgender fünf Stellschrauben:

  • Kostenoptimierung: Eines der wichtigsten Ziele für Verlage ist die Senkung ihres derzeitigen Kostendrucks. Dies kann durch die Implementierung von Prozessoptimierungen und Automatisierungen sowie die Ablösung von Legacy- Systemen, wie zum Beispiel SAP, AS400, etc. erreicht werden. Durch die Senkung der Kosten wird nicht nur die Marktposition gestärkt, sondern auch mehr Kapital für Innovationsinvestitionen bereitgestellt.
  • Fokus digitale Kanäle: Verlage müssen sich auf zukunftsweisende, profitable und digitale Kanäle ausrichten. Dies umfasst sowohl die internen Prozesse, Produkte und Marketing-/Akquisitionsbemühungen, als auch die Schaffung einer robusten digitalen Infrastruktur.
  • Erhöhte Marktflexibilität: Um auf Veränderungen im Markt schnell und flexibel reagieren zu können, ist es wichtig, eine verstärkte prozessspezifische Modularität zu etablieren. Dies garantiert eine schnelle Anpassung an die Bedürfnisse des Kunden und verbessert so die Kundenakzeptanz.
  • Komplexitätsreduzierung: Verlage müssen die organisatorische und prozessuale Komplexität reduzieren, um sich auf die marktdifferenzierende Redaktions- und Kuratierungsarbeit zu fokussieren. Dies garantiert eine effizientere Arbeitsweise und eine bessere Ausrichtung auf das Kernprodukt.
  • Hebelung verlagsübergreifender Synergien: Durch die Schaffung technologischer Voraussetzungen für eine effiziente Hebelung verlagsübergreifender Kooperations- und Synergiemodelle wird es Verlagen möglich sein, Synergien auszuschöpfen und so ihre Wettbewerbsposition zu stärken.

Die oben genannten Ziele sind die Leitplanken aktueller Transformationsprojekte im Verlagswesen. Verlage verfolgen unterschiedliche Ansätze bei der Umsetzung Ihrer Transformationsprojekte, welche wir im folgenden Kapitel gegenüberstellen.

Transformationsansätze schaffen Rahmenbedingungen, welche bewusst diskutiert und akzeptiert werden müssen

Im Verlagswesen werden primär zwei Ansätze zur digitalen Transformation verfolgt: die sukzessive- oder die ganzheitliche Transformation. Die Vor- und Nachteile dieser  Transformationsmodelle werden in den folgenden Absätzen erläutert und bewertet.

 

Sukzessive Transformation

Eine sukzessive Transformation im Verlagswesen ist eine schrittweise und kontrollierte Umstellung, die die Vorteile einer digitalen Transformation nutzt, ohne dabei alle bestehenden Systeme und Prozesse im Verlag in Frage zu stellen. Sie setzt stattdessen gezielt auf eine eigenständige Transformation im Kerngeschäft „Publishing“.

Wir beobachten im Verlagswesen einen überproportionalen Anteil an sukzessiven Transformationen zur Etablierung hybrider (Digital und Print) sowie digitaler Geschäftsmodelle für ePaper- und Plus-Modelle. Durch die Verknüpfung von Systemen für Print- und Digitalkanäle wird ein "Digital First"-Ansatz verfolgt, um Prozesse und Systeme im Publishing auf kanalneutrales Publizieren anstatt Print First auszurichten. Das erklärte Ziel ist hier neue Umsatzpotentiale im Kerngeschäft ,,Publishing” zu erschließen, bevor Optimierungen in sich an das Publishing angrenzenden Fachbereichen, wie zum Beispiel Blattplanungssysteme im Print- Publishing, Anzeigen- und Beilagen-Management-Systeme im Werbemarkt oder GIS- und Personalplanungssysteme in der Logistik in einem zweiten Schritt vorgenommen werden. In einem dritten Schritt werden Backoffice-Funktionen, wie zum Beispiel ERP-Systeme für Finanzen und Warenwirtschaft oder HR-Systeme im Personalwesen optimiert.

Diese Vorgehensweise hat mehrere Gründe: Einerseits soll durch die Limitierung des Change die Erfolgswahrscheinlichkeit des Transformationsprojekts erhöht und somit die Risiken vermindert werden. Hierbei gilt es die interne Steuerbarkeit für das Transformationsprojekt mit limitierten Ressourcen sicherzustellen, um in der Regel keine externen Dienstleister hinzuziehen zu müssen. Die beschränkte Parallelisierung von Transformationen pro Fachbereich und geringe Abhängigkeiten der Publishing-Domänen zu Umsystemen sind hierfür eine gute Basis. Die Einschränkung des Scopes reduziert den Vorbereitungsaufwand und ermöglicht einen schnellen Projektstart. Anderseits soll der resultierende Change aus dem Transformationsprojekt an die Geschwindigkeit des Kulturwandels im Unternehmen angepasst werden, um alle betroffenen Mitarbeitenden im Publishing für die neuen Prozesse zu gewinnen.

Neben den beschriebenen Vorteilen birgt eine sukzessive Transformation jedoch Nachteile gegenüber einer ganzheitlichen Transformation. Einer dieser Nachteile ist der hohe Aufwand für die Etablierung temporärer Interimslösungen, zum Beispiel Schnittstellen von neuen Systemen im Publishing-System an bestehende Alt-Systeme der Fachbereiche oder Querschnittsfunktionen, welche im nächsten Schritt modernisiert werden. Hierdurch wird die Komplexität im Projekt erhöht sowie die Aufwände und Kosten durch die Etablierung der Interimslösungen gesteigert. Ein weiteres Risiko sind unentdeckte Abhängigkeiten, die zu einem hohen Nachsteuerungsbedarf führen können. Dies bedeutet, dass es möglicherweise Abhängigkeiten, zum Beispiel zu anderen Fachbereichen (Print Publishing, Werbemarkt oder Querschnittsfunktionen) gibt, die erst bei einer späteren Stufe der Transformation bekannt werden, da diese Fachbereiche nicht Teil des ersten Transformationsprojektes waren. Des Weiteren gilt es, keine bestehenden Prozesse und Strukturen in den neuen Systemen nachzubauen, sondern diese konsequent auf digitale Geschäftsmodelle und Wartbarkeit auszurichten.

Weitere Optimierungspotentiale im Verlag, zum Beispiel Print- und Werbemarkt sowie den Backoffice-Systemen, wie ERP oder HR, werden in nachgelagerten Projekten schrittweise eröffnet, um die beschriebenen Vorteile auch für diese Projekte zu nutzen. Die oben beschriebenen Limitationen und Mehraufwände sollten bewusst vor Projektstart bewertet und im Rahmen der Entscheidung für eine sukzessive Transformation einbezogen werden.

Ganzheitliche Transformation

Eine ganzheitliche Transformation im Verlagswesen beschreibt eine parallele Veränderung aller Systeme und Prozesse in mehreren überlappenden Wellen. Hierbei werden auch die Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Systemen und Prozessen berücksichtigt, um eine optimierte und effiziente Gesamtlösung zu erzielen. Für die Verlagsbranche zeigt sich aktuell ein zunehmender Trend, ein ganzheitliches Vorgehen beim Thema Transformation zu wählen, um die Systeme und Prozesse schnellstmöglich auf die sich verändernden Marktbedürfnisse und -anforderungen ausrichten zu können. Bei der ganzheitlichen Transformation wird vorrangig ein Vorgehen in drei Transformationswellen gewählt. Die erste Welle beinhaltet die Umstellung auf Digital Publishing inklusive der Etablierung eines Headless CMS, dem Lesermarkt (CRM und Abo-Management), dem Print Publishing sowie dem Werbemarkt (CRM und Anzeigensystem). Die zweite Welle modernisiert die Logistikprozesse und -systeme und die dritte Welle umfasst das Finanzwesen, das Personalwesen sowie die Warenwirtschaft. Die Umsetzung einer ganzheitlichen Transformation im Verlagswesen bietet mehrere Vorteile gegenüber einer sukzessiven Transformation. Der erste Vorteil ist die höhere mögliche Transformationsgeschwindigkeit durch die parallele Veränderung und die Anpassung aller Systeme und Prozesse im Verlag. Hierdurch wird insbesondere bei monolithischen Vorstrukturen ein hoher Effizienzfaktor erreicht, der sich wiederum reduzierend auf die Gesamtkosten des Transformationsvorhabens auswirkt. Weiterhin bietet die ganzheitliche Transformation die Möglichkeit, End-2-End-Prozesse und Workflows über einzelne Linienstrukturen hinweg zu optimieren. Durch die Überlappung der einzelnen Transformationswellen wird auch das Risikopotential unentdeckter Abhängigkeiten minimiert, wodurch weniger Nachsteuerungsbedarf besteht. Gerade Nachsteuerungen führen in Projektvorhaben immer wieder zu Budgetüberschreitungen. Belegt wird dies durch vorangegangene Transformationsprojekte in Verlagshäusern, bei denen sich zeigte, dass die ganzheitliche Transformation im Durchschnitt 30% kostengünstiger als eine vergleichbare sukzessive Transformation gewesen ist. Ein Überblick der Kostensenkungspotentiale finden Sie in der folgenden Grafik 3.

Die Nachteile einer ganzheitlichen Transformation sind unter anderem die hohe Vorbereitungszeit. Klare technische Vorgaben in Bezug auf Zielprozesse und Architekturen in den Systemen sowie zu erfüllende fachliche Anforderungen sind die Grundlage für die Planung der Gesamttransformation in einem übergreifenden Zeitplan. Gegeben der hohen Menge an notwendigen Entscheidungen und Steuerungsaufwände für interne Mitarbeitende (Fachexpert:innen) sowie Vendoren ist die Belastung für interne Ressourcen hoch. Dementsprechend müssen gegebenenfalls externe Ressourcen für die Unterstützung der Projektarbeit hinzugezogen werden, um den operativen Betrieb weiterhin sicherstellen zu können. Der Einbezug externer Ressourcen wird in Transformationsprojekten jedoch als ein Vorteil betrachtet, da gerade bei der Planung neuer Prozesse und Systeme die externe Perspektive hilft, bestehende Sichtweisen aufzubrechen und dadurch Best-Practice-Ansätze aus anderen Transformationsprojekten in das Projekt einfließen können. Zusammenfassend ist eine ganzheitliche Transformation im Verlagswesen eine parallele Veränderung aller Prozesse und Systeme im Verlag zur schnellstmöglichen und effizientesten Adressierung der Marktanforderungen sowie Erreichung der Kostenziele im Verlag. Hierdurch können signifikant geringere Kosten von bis zu 30% für die Verlagstransformation realisiert werden, sofern ausreichend Expertise und Ressourcen für die Planung und Umsetzung des Vorhabens zur Verfügung stehen. Die Tabelle unten fasst die obige Bewertung der beschriebenen Transformationsansätze zusammen.