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IT-Outsourcing auf dem Weg in die Optimierungs-Oase

Effektive Steuerungsinstrumente zur Unterscheidung von Realität und Fata Morgana

 

Key facts

  • Für immer mehr Unternehmen leistet die IT einen überproportionalen Beitrag zum Geschäftserfolg. Ansteigende Aufwände für das Komplexitätsmanagement, beschränkter Zugang zu Expertenwissen sowie die Notwendigkeit aktiven Risikomanagements verleiten Unternehmen dazu, IT-Outsourcing zu betreiben.
  • Umsatzprognosen sagen für die IT-Outsourcing-Branche für die Jahre 2020-2025 ein jährliches Umsatzwachstum (CAGR) von ca. 5,2% voraus. Die jährliche Wachstumsrate 2016-2019 lag noch bei 2,6% - die im Rahmen der CoViD-19-Pandemie gestiegenen Anforderungen an die digitale Infrastruktur schlagen sich hier nieder.
  • Rund ein Drittel aller IT-Outsourcing Projekte erreichen nicht die zu Beginn aufgestellten internen Ziele. Häufig sind Verzögerungen und damit einhergehende Kostensteigerungen sowie Qualitätsmängel bei der erbrachten Leistung zu beobachten.
  • Das IT-Outsourcing, insbesondere bei steigender Komplexität, erschafft einen Mikromarkt im eigenen Unternehmen und kann einen Lock-In Effekt erzeugen, wenn eine effektive Dienstleistersteuerung unterbleibt.
  • Effektives Providermanagement, beispielsweise durch die bewusste Steuerung von Wettbewerb innerhalb der eigenen Dienstleisterlandschaft, ist eine notwendige Voraussetzung für den nachhaltigen IT-Outsourcing Erfolg.
  • Je nach institutionellem Reifegrad der Dienstleistersteuerung sollte sich ein Unternehmen auf spezifische Maßnahmen fokussieren, die jeweils ein an die Situation angepasstes Verhältnis aus Aufwand und Ertrag darstellen.

 

Erfolgreiches IT-Outsourcing verspricht Milch und Honig im Überfluss

Die Wüste ist ein unwirtlicher Ort. In weiter Ferne erscheinen die Ersparnis-Oasen, an denen die Budgets der IT-Abteilung eine wohlverdiente Rast einlegen können. Doch es droht Gefahr: auf ihrem Weg durch die unendliche Dünenlandschaft werden Unternehmen von Trugbildern umgarnt, die drohen, den Proviant über Gebühr zu beanspruchen. Umso wichtiger ist es, von den Erfahrungen vorangegangener Expeditionen zu lernen und erfolgversprechende Ansätze und Methoden zu adaptieren.

IT-Services ist eine der führenden Branchen in Europa und erzielt signifikante Umsätze. So werden für das Jahr 2021 Umsätze in Höhe von über EUR 273 Mrd. erwartet. Die nachfolgende Grafik verdeutlicht die Größenrelationen der IT-Services-Branche mit anderen großen Industrien in Europa:

Umsatzprognosen ausgewählter Industrien in Europa für das Jahr 2021

Abbildung 1 - Umsatzprognosen ausgewählter Industrien in Europa 2021, in Mrd. Euro

 

Richten wir den Blick gezielt auf den Teilbereich IT-Outsourcing, ist die Wirkung der CoViD-19-Pandemie auf das prognostizierte Marktwachstum in den Jahren 2020 ff. deutlich sichtbar sowie der Zusammenhang mit steigenden IT-Anforderungen durch technologischen Fortschritt im Unternehmensumfeld erkennbar. Für den Zeitraum 2020-2025 wird ein Umsatzwachstum in Europa von ca. 29% prognostiziert, was einer jährlichen Wachstumsrate (CAGR – Compound Aggregate Growth Rate) von 5,2% entspricht. Dies wirkt sich wiederum positiv auf die Gesamtbranchenentwicklung aus, denn IT-Outsourcing ist nicht nur die größte Sub-Branche innerhalb der IT-Services, sondern auch der Hauptwachstumstreiber der Gesamtbranche.

IT-Outsourcing blickt in eine goldene Zukunft

Abbildung 2 - Umsätze der IT-Outsourcing-Branche in Mrd. Euro (Forecast)

 

Die Outsourcing-Wunderlampe verspricht dem Besitzer die Erfüllung aller seiner Wünsche

Mit dem IT-Outsourcing versuchen Unternehmen, abhängig vom jeweiligen Geschäftsumfeld, individuelle Ziele zu erreichen. Dazu gehören typischerweise folgende Ziele:

  1. Personalkosten
    Durch die Auslagerung der IT können Unternehmen Einsparungen realisieren. Insbesondere dann, wenn der IT-Outsourcing Dienstleister Near/Off-Shore-Ressourcen nutzt, können Auftraggeber von geringeren Personalkosten profitieren.
  2. Skaleneffekte
    Darüber hinaus kann der Dienstleister durch seinen Wissensvorsprung, durch effizientere Prozesse sowie einen hohen Grad an Standardisierung Skaleneffekte nutzen und so dem Outsourcer bessere Preise anbieten, als wenn dieser die Leistungen intern und individuell erbringt.
  3. Risikomanagement
    Geschäftsprozessrisiken können anhand von SLA-Vereinbarungen an den Dienstleiter ausgelagert werden. Scheitert die Dienstleistererbringung und entstehen dem Auftraggeber dadurch zusätzliche Kosten, kann der Dienstleister in Regress genommen werden. Gleichzeitig eignet sich das Instrument der SLAs zusammen mit Bonus/Malus Regelungen als anreizbasierte Steuerung für die Qualität der Dienstleistungserbringung.
  4. Qualität und Innovation
    IT-Outsourcing Anbieter profitieren von dem ständigen Austausch mit ihren Kunden, dem Zugang zu innovativen Partnern und Attraktivität als Arbeitgeber für Experten, die auch die Weiterbildung ihrer Mitarbeit vorantreiben. Aufgrund der Vielzahl parallel laufender Aktivitäten können auch Nischen effektiv bedient werden. Steigende Komplexität in den Bereichen Security und Datenschutz erfordert zusätzlich Fachwissen.
  5. Skalierbarkeit
    Die Bündelung spezialisierter Ressourcen ermöglicht die schnelle Reaktion auf spontan aufkommende Anforderung einzelner Kunden. Gleiches gilt für die Bereitstellung von Infrastruktur zum Abfangen von Lastspitzen und Unterstützung exponentiellen Wachstums. Gleichzeitig ermöglicht die Beschäftigung externer Kräfte das Ausbalancieren von tatsächlich benötigter Arbeitsleistung mit fest verfügbarer Kapazität.

 

Alles heiße Luft? Ziele des IT-Outsourcings werden regelmäßig verfehlt

Ein signifikanter Anteil der IT-Outsourcing Projekte scheitert jedoch an den zuvor skizzierten Zielen. Oftmals werden Budget und/oder der Zeitrahmen überschritten, was zu Unzufriedenheit beim Outsourcer führt. Eine Studie der Universität Bayreuth kommt zu dem Ergebnis, dass vor allem Unternehmen mit ambitionierten Kosteneinsparungen oft enttäuscht werden, weil dieses Ziel nicht erreicht werden konnte.1 Um eine Lösung für diese Herausforderungen herbeiführen zu können, muss zunächst die präzise Identifikation der zugrundeliegenden Problematiken sichergestellt sein.

 

2. Die angebotene Wunderlampe leidet an multipler Funktionsstörung

IT-Outsourcing erschafft einen Mikromarkt im eigenen Unternehmensumfeld

Entscheidet sich ein Unternehmen für IT-Outsourcing, erzeugt es ein eigenes Ökosystem für die Leistungserbringung, das auch als Mikromarkt betrachtet werden kann. Outsourcende Unternehmen können davon profitieren, diesen Anbieter-Mikromarkt gezielt nach ihren Interessen zu formen, indem die Vorteile marktwirtschaftlicher Modelle (vor allem: Wettbewerb) optimal genutzt werden. Dienstleister profitieren im Gegensatz dazu von monopolistischen Mikromarkt-Strukturen. Mangels staatlicher Wettbewerbshüter obliegt es dem Auftraggeber, den Mikromarkt zu gestalten. Gelingt es nicht, die Marktstruktur nach den eigenen Interessen zu formen, kann eine monopolistische Beziehung zwischen einem Unternehmen und einem Dienstleister entstehen, was höhere Preise und eine mangelhafte Anreizstruktur zur Konsequenz haben kann.

Ein IT-Outsourcing (insbesondere im Bereich des Kerngeschäfts) bedeutet in der Regel eine besonders enge und langfristige, hoffentlich vertrauensvolle Bindung an einen Dienstleister. Aus der Natur dieser Beziehung entstehen zwei wesentliche Risiken: zuerst kurzfristig, beim Übergang der Verantwortung für die Bearbeitung des ausgelagerten Geschäftsbereiches. Misslingt hierbei die Aufteilung der Ressourcen leidet entweder die Bewältigung des Tagesgeschäfts oder das Onboarding des Dienstleisters. Zum Anderen entsteht mittelfristig ein weiteres Risiko: Um die erhofften positiven Effekte des IT-Outsourcings zu realisieren, wird das auslagernde Unternehmen in der Regel die Ressourcen, die bisher mit der Erbringungen der übertragenen Leistungen beauftragt waren, abbauen. Dadurch entsteht eine Informationsasymmetrie zu Lasten des Auslagernden, die eine Abhängigkeitsspirale in Gang setzt. Diese Abhängigkeit verhindert im Extremfall den Wechsel zu einem anderen Anbieter und bringt das auslagernde Unternehmen in eine nachteilige Position.

Tatsächlich wird das Risiko des Betriebsübergangs häufig dadurch adressiert, dass die Mitarbeiter des auslagernden Unternehmens an den IT-Outsourcing Anbieter übertragen werden. Da diese Mitarbeiter ihr spezifisches Wissen mitnehmen, erhöht dies entscheidend die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen und beschwerdefreien Lastenübergangs. Der Nachteil dieser Lösung ist jedoch, dass fortan der Dienstleister, häufig allein, über das entscheidende Spezialwissen verfügt. Da die Skillprofile der übertragenen Mitarbeiter beim Unternehmen formal nicht mehr benötigt werden, kommt es häufig zu einer Situation, in der das Unternehmen mittelfristig die Fähigkeit verliert, mit seinem Dienstleister fachlich auf Augenhöhe zu kommunizieren. Dieser Umstand führt bei vielen Unternehmen dazu, dass Angebote bzw. Empfehlungen des Dienstleisters nicht ausreichend qualifiziert hinterfragt, geprüft und nachverhandelt werden können.

Die Auslagerung komplexer Prozesse geht mit einem weiteren kritischen Risiko einher: der erhebliche Aufwand für die Migration hin zum gewählten Dienstleister wäre bei jedem zukünftigen Anbieterwechsel erneut zu leisten. Dies wirkt sich erschwerend auf jeden Business Case aus, der analysiert, unter welchen Umständen ein Anbieterwechsel für das Unternehmen profitabel wäre. Die Migrationskosten selbst führen so dazu, dass der Dienstleister eine erhebliche Zusatzmarge abschöpfen kann, bevor der Wechsel zu einem alternativen Anbieter zu einer kommerziell tragfähigen Entscheidung wird. Im gleichen Maße, wie dem Dienstleister zusätzliche Marge in die Hände fällt, verliert das Unternehmen an Spielraum für die fortlaufende Realisierung der erhofften IT-Outsourcing Einsparungen.

Die Kosten des IT-Outsourcings müssen vorausgedacht und den Vorteilen gegenübergestellt werden

Abbildung 3 – Vorteile und Kosten eines IT-Outsourcings

 

IT-Outsourcing Anbieter folgen anderen Motiven als interne Abteilungen

Ein Übergang der Mitarbeiter vom Unternehmen zum Dienstleister ist auch deshalb so erfolgversprechend, weil die verbleibenden Mitarbeiter weiterhin auf der etablierten Vertrauensbasis mit ihren ehemaligen Kollegen zusammenarbeiten können. Prozesse und Zuständigkeiten sind eingespielt, mit den Eigenheiten der Kollegen kann umgegangen werden und die Kompetenzprofile sind bekannt. Wird dem nicht aktiv entgegengewirkt, kann es zu einer unguten Gemengelage kommen, denn: die ehemaligen Kollegen sind nun Mitarbeiter eines anderen Unternehmens – mit eigenen Zielen und Incentivierungsmaßnahmen. Ohne böse Absicht unterstellen zu wollen, bringt dies die übertragenen Mitarbeiter in eine Zwickmühle: wem sind sie zuerst verpflichtet – den alten Kollegen oder dem neuen Arbeitgeber? Im Sinne einer dauerhaft vertrauensvollen Zusammenarbeit ist hier sowohl formales Augenmerk, als auch viel Fingerspitzengefühl im täglichen Umgang gefragt.

Auch innerhalb der Dienstleister selbst ist die Interessenlage nicht allein nur am Kunden orientiert. Die bereitstehenden Potenzial- und Wissensträger wollen ausgelastet, der Fixkostenblock gedeckt werden. Aus diesem Grund kann es für einen Dienstleister teils effektiver sein, für ein bestimmtes Problem eine eigene Lösung zu entwickeln, als auf bestehende Angebote im Markt zurückzugreifen – eine für den Kunden teure aber undurchsichtige Optimierungsmaßnahme. Dies mündet am Beispiel von Softwareentwicklung oftmals in größeren scheinbar notwendigen Entwicklungsprojekten und damit Auslastung von eigenen Ressourcen anstatt dem Sourcing von existierenden „out of the box“ Lösungen.

Läuft das IT-Outsourcing Projekt nicht so gut wie geplant, fällt es zunächst leicht, die Verantwortung dafür auf den Dienstleister zu schieben. Häufig wird kritisiert, dieser wäre nicht in der Lage, ausreichende Transparenz sicherzustellen, wisse selbst nicht, wie die Dienstleistung optimal zu erbringen sei. Ganz nach dem Motto „die wissen es doch auch nicht besser“.

Damit ist zwar die Schuldfrage scheinbar geklärt, das Argument verkennt jedoch, dass die IT-Services Branche eine überdurchschnittliche Umsatzrendite erzielt, wie die folgende Grafik zeigt. Wenn Dienstleister wirklich nicht dazu in der Lage wären, ihre eigene Leistungserbringung nachzuhalten und abzurechnen, dann wäre dieser Erfolg kaum zu erklären. Die zentrale Erkenntnis hieraus für outsourcende Unternehmen: es handelt sich höchstwahrscheinlich nicht um Unfähigkeit.

IT-Outsourcer erzielen eine überdurchschnittliche Nettomarge

Abbildung 4 - Nettomargen ausgewählter IT Dienstleister verglichen mit weltweiten Nettomargen (2019)

 

Doch was wäre, wenn wir annähmen, Unwille sei der Grund für die Intransparenz. Bei näherer Betrachtung der Interessenlage fällt auf, dass Intransparenz den Dienstleistern tendenziell in die Hände spielt. Je weniger oder je schwerer für den Kunden nachvollziehbar ist, welche Leistung wann, vom wem und in welchem Umfang erbracht worden ist, desto schwerer fällt die fachliche Rechnungsprüfung nach Aufwand, Ergebnis und Qualität. Die starke Abhängigkeit vom Dienstleister zwingt dennoch zur Begleichung der gestellten Rechnung. So wird klar, weshalb es in vielen Auftraggeber-Auftragnehmer Beziehungen zu einem Informationsgefälle kommt: Nicht, weil die Dienstleister es nicht besser könnten, sondern weil sie nicht besser müssen oder wollen.

Diese Erkenntnis wiederum enthält den Schlüssel zu Verbesserungen: Transparenz über die tatsächliche Leistungserbringung beseitigt das Informations- und Machtgefälle und führt zu einem besseren IT-Outsourcing Ergebnis.

Fliegender Teppich im Sandsturm - Turbulenzen und Implikationen

Weitere Studien zeigen, dass es Unternehmen in rund 60% der untersuchten Fälle nicht gelingt, die selbst gesteckten IT-Outsourcing-Ziele zu erreichen. Dabei scheitern die Unternehmen in circa 40% der Fälle daran, das Qualitätsziel zu erreichen und sind, anders formuliert, enttäuscht von der Qualität der erbrachten Leistung. Dennoch macht das IT-Outsourcing einen erheblichen Anteil am ohnehin wachsenden IT-Budget aus. Vor Allem dann, wenn Schwächen in der Dienstleistersteuerung zugelassen werden, kann das IT-Budget zum Selbstbedienungsladen ausarten. Doch obwohl Bedeutung und Kosten von IT-Outsourcing klar sind, fehlt es vielen Unternehmen an dem erforderlichen organisatorischen Know-How und an geeigneten Tools und Methoden. 

3. Sesam öffne Dich: Wege zur effektiven Dienstleistersteuerung

Da klar ist, dass das Erreichen der IT-Outsourcing Ziele kein Selbstläufer ist, können erfolgreiche  IT-Outsourcing Projekte als Vorreiter dienen und die wichtigsten Erkenntnisse für die Dienstleisteroptimierung abgeleitet werden. Die sich daraus ergebenden Handlungsempfehlungen können nach steigender Komplexität sortiert werden: Je nach eigenem organisatorischen Reifegrad sind unterschiedliche Maßnahmen verschieden effektiv.

Grundlage für den Erfolg aller nachfolgend aufgelisteten Maßnahmen ist ein solider Überblick über die angefallenen Kosten. Dabei ist gezielt darauf zu achten, dass nicht nur die direkten, extern abgerechneten Kosten berücksichtigt werden, sondern auch die zugeordneten internen Aufwände.

Machen Sie gerne für sich selbst den Test. Gelingt es Ihrer Organisation, binnen weniger Minuten die gesamten Kosten für alle ausgelagerte Dienste aufzuschlüsseln? Wenn Sie in kurzer Zeit zu keiner Antwort finden, raten wir zu mehr Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Stringenz in der Kostenstruktur.

Ohne Kompass keine Oase: Daten erheben, Transparenz schaffen und Incentivierung erzeugen

Ist die Kenntnis der Kostenstruktur sichergestellt, besteht der erste Schritt zur effektiven Dienstleistersteuerung in der Schaffung von Transparenz über die Dienstleisterperformance. Es ist entscheidend, dass Unternehmen detaillierte Kenntnis über die von ihren Dienstleistern erbrachten Leistungen erlangen und in der täglichen Auseinandersetzung verwenden. Dies gelingt durch die Festlegung und Sammlung relevanter Daten. Regelmäßig werden in IT-Outsourcing Rahmenverträgen umfangreiche Reporting-Vereinbarung abgeschlossen, doch diese allein erzeugen in der Regel noch keine umfassende Erkenntnis. Oftmals sind die entscheidenden Daten nicht enthalten; sei es aufgrund mangelhafter Qualität oder der schieren Menge der übermittelten Reports.

  • Achten Sie in jedem Interaktionsschritt auf die korrekte Datenerhebung mit dem Anbieter: Angefangen mit der Erstellung von Angeboten, über die Übermittlung von Leistungsnachweisen bzw. Mengen bis hin zur Rechnungsstellung. Hierbei ist das Format der Datenerhebung entscheidend: Word bzw. PDF Dateien lassen sich nicht auswerten und eignen sich deshalb nicht zur digitalen Analyse und Automatisierung.
  • Legen Sie den Detailierungsgrad fest, sodass dieser für die Steuerung des Dienstleister geeignet ist. Rechnet der Anbieter beispielsweise seine Arbeitszeit auf Stunden- oder Tagesbasis ab, so muss auch das Reporting der tatsächlich geleisteten Arbeit auf derselben Detailebene erfolgen. Ein zu grober Detaillierungsgrad, wie er häufig auftritt, steht einer Überprüfung des tatsächlich geleisteten Aufwands entgegen.
  • Findet die Datenerhebung bei den Interaktionsschritten in dem geeigneten Format statt, muss sichergestellt werden, dass diese in geeigneten Zeitabständen und stetig durchgeführt wird. Die Auswertung der Daten darf nicht ausgelagert werden, die Dienstleisterkontrolle ist notwendig um den Dienstleister effektiv zu steuern und der Informationsasymmetrie entgegenzuwirken.

Fortgeschrittenes Anbietermanagement durch angepasste Prozesse und Strukturen

In einem zweiten Schritt gilt es, die bestehenden internen Prozesse und Strukturen dahingehend zu untersuchen, ob sie sich für die Dienstleistersteuerung eignen. Gerade dann, wenn ehemals in Eigenleistung erbrachte Dienste an einen Dienstleister ausgelagert werden, sind bisher eingespielte Organisationsstrukturen weniger gut zur Steuerung geeignet.

Tatsächlich stellt die Steuerung eines Dritten andere Anforderungen an die Organisation, als die Erbringung einer Leistung. Am sichtbarsten ist dies bei den benötigten Skillprofilen der Mitarbeiter: steht bei der Leistungserbringung selbst noch tiefe fachliche Expertise im Vordergrund, steigt die Werthaltigkeit einer besonders breiten Wissensbasis für Steuerungsaufgaben stark an.

Darüber hinaus muss der Fokus der Ablauforganisation verlagert werden: im Zentrum stehen nunmehr nicht die Kern-, sondern die Unterstützungsprozesse. Spielten Prozesse wie Buchhaltung, Rechnungsprüfung, Controlling, etc. bisher nur eine nachgelagerte Rolle, rücken sie jetzt ins Zentrum der Wertschöpfungskette: Sie bilden die Basis für erfolgreiche Dienstleistersteuerung und Transparenzgewinnung.

Wiederherstellung von Marktprinzipien durch gezieltes Schaffen von Wettbewerb im Mikromarkt

Das schärfste Schwert im Instrumentarium outsourcender Unternehmen ist gleichzeitig das in der Handhabung komplexeste. Wie beschrieben entsteht durch IT-Outsourcing ein unternehmensspezifischer Mikromarkt, der nach marktwirtschaftlichen Prinzipien funktioniert. Häufig kommt es jedoch zu einer Situation, in der ein Anbieter allein das gesamte Dienstleistungsspektrum für ein Unternehmen abdeckt. Das bedeutet, dass die Schaffung von Wettbewerb unter mehreren Anbietern erhebliche Vorteile bietet. Durch die verringerte Abhängigkeit von einem einzelnen Dienstleister gelingt es, das hierüber beschriebene Machtgefälle umzukehren, indem wettbewerbsorientierte Ausschreibungsprozesse wieder zu „normalen“ Preisbildungsmechanismen führen.

Die Komplexität liegt hier einerseits in den gesteigerten Anforderungen an die technische Dienstleistersteuerung. Das heißt, implementierte Systeme zur Leistungskontrolle, Rechnungsprüfung und -freigabe sowie zur Angebotsüberprüfung müssen fachlich einwandfrei funktionieren, ohne dabei aufgrund hoher manueller Aufwände ineffektiv zu sen. Der Einsatz von Dienstleistermanagement-Software ist für effizientes Multi-Provider Management zwingend. Darüber hinaus gilt es auch, die Interaktion der Dienstleister untereinander so zu gestalten, dass daraus entstehende Risiken, beispielsweise aufgrund des Einsatzes untereinander schlecht kompatibler Anwendungen, mitigiert werden. Zudem muss besonderes Augenmerk auf die Beziehung zu jedem Dienstleister gelegt werden: IT-Outsourcing lebt davon, dass eingegangene Partnerschaften zum Vorteil beider Parteien ausfallen – andernfalls kann es ungewollt dazu kommen, dass der Ursprungszustand eines monopolistischen Mikromarktes wiederhergestellt wird. Ein ausgewogener Ausgleich der Interessen aller Beteiligten ist also erforderlich, um langfristig die Vorteile dieses Modells ausschöpfen zu können.

Trotz der erhöhten Komplexität, die mit der Steuerung eines Mikromarktes einhergeht, überwiegen die Vorteile des wettbewerbsorientierten Modells in Sachen Preisbildung und Qualität der Leistungserbringung deutlich.

In der Wüste bist du nicht verloren, wenn du glauben kannst an die Oase.        
- Phil Bosmans (1912)

Wie wir sehen, ist die Interaktion zwischen einem Unternehmen und IT-Outsourcing-Dienstleister nicht nur kompliziert, sondern sogar komplex. Nicht nur sind die Dienstleistungen gerade des IT-Outsourcings hohen Anspruchs, die zugrundeliegenden Vertragswerke umfangreich und kompliziert, es kommt auch noch dem vielzitierten „Faktor Mensch“ eine erhebliche Rolle zu. Umso wichtiger ist es für Unternehmen, eine erfolgversprechende Management-Strategie zu erarbeiten, um dieser Komplexität Herr zu werden – und sich auf dem Weg in die Einspar-Oase nicht von einer Fata Morgana verleiten zu lassen. Einige Ausgangspunkte für eine solche Strategie konnten wir kurz darlegen, doch verlangt Komplexität nach maßgeschneiderten Lösungen. An der Entwicklung eines auf die eigenen Rahmenbedingungen ausgelegten Systems werden Unternehmen also nicht vorbeikommen.

 

Quellen

1. Studie Universität Bayreuth, IT Outsourcing Performance Study 2017
https://www.rw.uni-bayreuth.de/lehrstuehle_wirtschaft/wi-sim/pool/dokumente/ITO_survey.pdf
2. Abbildung 1: Umsatzprognosen ausgewählter Industrien in Europa 2021, in Mrd Euro
CORE
3. Abbildung 2: Umsätze der IT-Outsourcing-Branche in Mrd. Euro (Forecast)
CORE
4. Abbildung 3: Vorteile und Kosten eines IT-Outsourcings
CORE
5. Abbildung 4: Nettomargen ausgewählter IT Dienstleister verglichen mit weltweiten Nettomargen (2019)
CORE

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Expert - Thomas Henschen

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Thomas Henschen ist Transformation Director bei CORE. Mit seiner langjährigen Beratungserfahrung in komplexen Transformationsprojekten stellt er sicher, dass die erforderlichen Anpassungen optimal...

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Thomas Henschen ist Transformation Director bei CORE. Mit seiner langjährigen Beratungserfahrung in komplexen Transformationsprojekten stellt er sicher, dass die erforderlichen Anpassungen optimal umgesetzt werden. Sein umfassendes systemisches Verständnis nutzt er dabei, um die Schnittstelle zwischen den fachlichen Anforderungen und den technischen Nebenbedingungen zu besetzen und im Interesse unserer Kunden zu gestalten.

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