Fünf Thesen zum Personal Finance Management

KEY FACTS

  • Personal Finance Management als Thema der Bankinglounge in Berlin

  • Vier Präsentatoren: „Strands finance“, „Meniga/Crealogix“, „IND Group“, „Elaxy“

  • Konsens in vielen Punkten

  • Wegscheide für die Banken

REPORT

Am vergangenen Donnerstag widmete sich die vom Bankingclub veranstaltete Bankinglounge in der Q110-Filiale der Deutschen Bank in der Berliner Friedrichstraße dem Thema Personal Finance Management (PFM). Die vier Anbieter „Strands finance“, „Meniga/Crealogix“, „IND Group“ und „Elaxy“ präsentierten ihre Produkte und stellten sich anschließend Fragen im Rahmen einer Podiumsdiskussion. Auch wenn jedes der vertretenen Unternehmen den Titel des „führenden Anbieters“ für sich reklamierte, herrschte in vielen Punkten Konsens hinsichtlich der weiteren Entwicklung und Relevanz von PFM. Die Veranstaltung resümierend und erweiternd lassen sich fünf Thesen aufstellen.

These 1: PFM-Tools werden in zwei Jahren Commodity sein.

Einigkeit herrschte bezüglich der Frage, ob sich PFM zu einem Standardservice des Bankings entwickeln wird. In den kommenden sechs Monaten, so die einhellige Meinung, würden verschiedene Institute PFM in ihr Portfolio integrieren, so dass es in zwei Jahren Commodity sein werde. Für einzelne Finanzinstitute bedeute das, dass sie für eine gewisse Zeit ein Differenzierungsmerkmal gegenüber Wettbewerbern erlangten, dies allerdings nur von absehbarer Dauer sei.

These 2: Die Differenzierung der Produkte erfolgt weniger über die Funktionalität als über die technologische Möglichkeit, sie schnell in das Serviceportfolio der Banken zu implementieren.

Angesichts der vorgestellten Produkte zeigte sich deutlich, dass sie sich nur marginal in puncto Funktionsumfang unterscheiden. Es gibt zwar einzelne Besonderheiten; im Großen und Ganzen werden aber Ansätze zur weiteren Vereinfachung für Nutzer schnell von anderen Konzepten adaptiert. Ein wirkliches Differenzierungsmerkmal scheint derzeit darin zu bestehen, mit dem Angebot des PFM-Tools zugleich den Service anzubieten, das Tool schnell und unkompliziert in das Portfolio der Bank zu integrieren.

These 3: Die in Deutschland problematische Multibankenfähigkeit wird durch die Bewertung des Bundeskartellamts in nächster Zeit gelöst.

Im März 2011 bewertete das Bundeskartellamt den Rechtsstreit zwischen „Giropay“ und „sofortüberweisung“. Damals hatte „Giropay“ – ein von den Sparkassen, einigen Volks- und Raiffeisenbanken und der Postbank betriebener Online-Bezahldienst – die Auffassung vertreten, die Weitergabe ihrer Kontodaten mitsamt PIN und TAN an „sofortüberweisung“ durch die Kunden verstoße gegen die AGBs der Banken. Dieser vermeintliche Schutzwall der Banken hat jedoch keinen Bestand. Dies werde, so die Meinung in der Bankinglounge, dazu führen, dass sich die Problematik der Multibankenfähigkeit als notwendige Bedingung für die Kundenakzeptanz von PFM-Tools in Deutschland in nächster Zeit von allein ergeben werde.

These 4: Zwar steht der Kundennutzen für die Anbieter im Fokus, aber sie verstehen darunter mal den Nutzen des Endkunden, mal den der Bank.

Jeder der Anbieter bemühte den enormen Kundennutzen, der aus der Verfügbarkeit von PFM-Tools erwachse: vollständiger und transparenter Überblick über die eigene finanzielle Situation, verbesserte Planbarkeit und damit Harmonisierung von persönlichen Zielen und vieles mehr. In den weiteren Ausführungen der Referenten zeigte sich jedoch, dass noch eine weitere Dimension des Kundennutzens für sie im Fokus steht, nämlich nicht der des Endkunden, sondern der Banken: indem sich etwa die Verweildauer auf den Webseiten der Bank im Rahmen des Online-Bankings um ein Vielfaches steigern lasse. Diese Vermischung verschiedener Stakeholder-Dimensionen ist nicht verwerflich; nur wenn Transparenz tatsächlich eines der wesentlichen Benefits von PFM-Tools für den Endkunden sein soll, dann müssen die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten auch transparent kommuniziert werden, sonst wird der Endkunde die vermeintliche Segnung durch PFM-Tools alsbald wieder verschmähen.

 

Abbildung: Personal Finance Management – Perspektive des Kunden und der Bank

These 5: Für Banken wird es zentral sein, die veränderten Kontaktpunkte mit Kunden für innovative Beratungsansätze zu nutzen.

Gerade aus den letzten Überlegungen lässt sich ableiten, dass es für Banken zentral sein wird, die ihnen aus der Bereitstellung von PFM-Tools erwachsenden Optionen sorgfältig zu nutzen. PFM bietet Endkunden erstens die Möglichkeit, Transparenz über ihre Finanzen zu erlangen. Diese verfügbaren Informationen können sie im Rahmen einer „Selbst-Beratung“ nutzen. Banken können ihrerseits auf Grund der neuen Transparenz des Kunden aktiv auf ihn zugehen; dabei ist entscheidend, ob sie das im Kundeninteresse tun oder sie allein einen neuen Vertriebskanal für provisionsgetriebenen Absatz identifizieren. Zweitens gehen für den Endkunden neue Fragen und Handlungsmöglichkeiten aus der Nutzung von PFM-Tools hervor. Dafür benötigt er veränderte Beratungsangebote, die Banken berücksichtigen und für die sie neuartige Beratungsangebote schaffen sollten.

Banken können PFM-Tools ablehnen, weil sie damit ihr Filial-Beratungsangebot kannibalisieren würden; sie können aber auch die Chance nutzen, die veränderten Kontaktpunkte zum Kunden in eine konstruktive Strategie innovativer Beratungskonzepte zu transformieren, die sich an den tatsächlichen Bedürfnissen und Interessen des Kunden orientieren.

QUELLEN

Strands finance
http://spf.strands.com

Meniga
http://www.meniga.de

Crealogix
http://www.crealogix.com/

IND Group
http://www.indgroup.eu/

Elaxy
http://www.elaxy.de/

Giropay vs. sofortüberweisung
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Kartellamt-kritisiert-Banken-AGB-1205034.html
http://www.derhandel.de/news/technik/pages/E-Payment-Kartellamt-springt-sofortueberweisung.de-bei-7207.html

Picture credits „bank building“ within the figure
http://www.designcontest.com

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Artur Burgardt

Artur Burgardt
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Artur Burgardt ist Managing Partner bei CORE und spezialisiert auf das Management agiler Umsetzungsprojekte in komplexen Kontexten. Als ausgebildeter theoretischer Physiker sammelte er erste Berufs...

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Artur Burgardt ist Managing Partner bei CORE und spezialisiert auf das Management agiler Umsetzungsprojekte in komplexen Kontexten. Als ausgebildeter theoretischer Physiker sammelte er erste Berufserfahrung als Business Analyst bei großen Finanzdienstleistern und erwarb grundlegende Kenntnisse in der Entwicklung von Kernbankensystemen. Dieser Karriereschritt führte ihn zu CORE. Mit seinem umfangreichen Wissen verantwortet Artur neben den Projekten bei Klient:innen das Knowledge Management bei CORE.

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