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Innovation und Digitalisierung im Banking – Themen und Tendenzen 2013

KEY FACTS

  • Einleitung

  • Entwicklungen innerhalb der Banking-Segmente

  • Entwicklungen und Optionen der Marktteilnehmer (ex Banken)

  • Übergreifende Themen und Tendenz

  • Finanzdienstleister angesichts Innovation und Digitalisierung

REPORT

Einleitung
2012 war ohne Zweifel ein forderndes Jahr für Banken. Vertrauenskrise, Skandale und Stellenabbau auf der einen stehen zum Teil umfassenden Modernisierungen und ersten tastenden Öffnungen für Innovationen auf der anderen Seite gegenüber. Während Finanzinstitute im Retail-Bereich aufgrund ihrer Größe und mit Blick auf Filialstruktur, Technologiebasis und Regulatorik stärker auf ihre eigene Entwicklung fokussiert sind, treten Innovatoren im Zuge der Digitalisierung mit neuen Konzepten in den Markt ein und diversifizieren ihn weiter.

 

Die Entwicklung der Innovation und Digitalisierung im Banking wird sich 2013 intensivieren und verschärfen. Sie wird in dem Maße intensiver, wie der Reifegrad der innovativen Entwicklungen und das gleichzeitig zu erkennende Interesse der Banken für Innovationen zunehmen werden. Sie wird sich verschärfen, weil zum einen neue Spieler in den bereits identifizierten Banking-Bereichen in den Markt eintreten und weil zum andern weitere Felder für Angriffe erschlossen werden.

Der folgende Überblick über die zumeist durch die Digitalisierung getriebenen Innovationsthemen im Banking orientiert sich zunächst an den einzelnen Banking-Segmenten sowie an den spezifischen Marktteilnehmern. Das erlaubt es, die unterschiedlichen Entwicklungsstände und Perspektiven sowohl segment- als auch akteurspezifisch zu reflektieren. In einem nächsten Schritt werden die übergreifenden Themen herausgearbeitet, um abschließend die für Finanzinstitute relevanten Punkte eigens herauszustellen.

Entwicklungen innerhalb der Banking-Segmente
Im Segment Payment Transactions wird aufseiten des Endkunden eine prominente Rolle spielen, inwiefern sich das Smartphone als Zahlungsmedium qualifiziert und etabliert. Die zuletzt etwas ins Abseits geratene Near Field Communication (NFC) wird hier genauso Thema sein wie QR-Codes und sogenannte “Digital Walletsœ, deren Funktionalität zum Teil über das reine Zahlen hinausreicht (“Google Walletœ), zum Teil den Bezahlvorgang noch ausklammert (Apple™s “Passbookœ). Daneben wird aufseiten der Technologie-Provider stärker thematisch, wie sich der Point of Sale (POS) weiterentwickelt. Derzeit sind der POS im stationären (proximity), im Online- (remote) und im mobilen Bereich weitgehend separiert. 2013 wird Indizien liefern, in welche Richtung sich die am Markt verfügbaren Technologien und Geschäftsmodelle der Acquirer, Payment Service Provider (PSP) und Anbieter von mobilen Kartenlesegeräten entwickeln.

Im Segment Personal Finance Management könnten die Entwicklungen einen Reifegrad erreichen, auf dem Banken in immer größerer Zahl entsprechende Tools in ihr Service-Portfolio integrieren und damit den klassischen Kontoauszug durch ausgefeilte Analyse-Tools erweitern. Hier wird sich im Jahr 2013 vermutlich zeigen, ob sich einzelne PFM-Anbieter gegenüber den Banken als unabhängige Provider behaupten können oder ob Banken diesen Service so weit implementieren, dass er in wenigen Jahren Standard der Bankdienstleistung sein wird. Für Finanzinstitute wird erfolgskritisch sein, ob sie mit dem PFM-Tool einen bankübergreifenden Service bieten und inwiefern sie über eine Technologiebasis verfügen, die eine rasche Implementierung funktional vielseitiger PFM-Tools erlaubt.

Der Bereich Lending Operations wird erstens geprägt sein durch das Wachstum neuer Finanzierungskanäle, namentlich Peer-to-Peer-Lending und Crowd Funding. Gerade im zweiten Bereich könnten sich mit den neuen Konstrukten, die ein Umgehen der Bagatellgrenze erlauben, weitere Optionen eröffnen. Zweitens wird die fortschreitende Emanzipation des Kunden aufgrund der höheren Markttransparenz eine wesentliche Rolle spielen. Das betrifft insbesondere das weitere Raumgreifen von Kreditvermittlungsportalen, die als Intermediäre zwischen Kreditnehmer und Kreditgeber treten. Hier wird es für Finanzinstitute darauf ankommen, zum einen die Markttransparenz auch für Bankberater und zum andern die bedarfsgerechte und informationsgetriebene Kreditvermittlung sicherzustellen. Mit Blick auf den letzten Punkt bleibt abzuwarten, ob die Berücksichtigung neuer Bonitätskriterien auf Basis von digitalen sozialen Netzwerken noch einmal ebenso barsch zurückgewiesen wird wie anno 2012. Und schließlich wird ein Thema sein, wie sich im Zusammenhang von Unternehmensfinanzierungen der Kreditbereich gegenüber dem Anleihemarkt entwickelt.

Das Segment Asset Management steht in seiner Entwicklung weiter zurück als die anderen Bereiche. Möglicherweise werden die Themen des Crowd Investings “ als Pendant des Crowd Fundings “ oder Trading-Portale mit automatischen Follow-Optionen beizeiten Prominenz erlangen. Aber auch wenn die Konzepte versuchen, die Schwarmintelligenz zu operationalisieren, werden sie eher Nischenthemen bleiben. Anders könnte es sich im Fall von Services der Anlageberatung verhalten, die im Kontext der Diskussion um provisionsgetriebene oder honorarbasierte Beratungsformen für neue Impulse sorgen könnten. Insgesamt bleibt abzuwarten, inwiefern sich das Asset Management als eigenständiges Angriffssegment zu etablieren vermag.

Entwicklungen und Optionen der Marktteilnehmer (ex Banken)
Angesichts der vielfältigen Themen und lukrativen Aussichten von Innovationen im Banking ist der nach einzelnen Segmenten gegliederte fachliche Überblick durch einen Blick auf die weiteren Marktteilnehmer außerhalb der Bankenlandschaft zu ergänzen. Die branchenfremden Akteure werden sich im Jahr 2013 deutlicher als bisher positionieren.

Telekommunikations- und Internetunternehmen werden sich weiterhin auf das Segment Payment Transactions konzentrieren. Mit Blick auf die bereits ausgerollten respektive angekündigten “Digital Walletsœ wird sich zeigen, inwiefern sie den Kunden tatsächlich einen Mehrwert bieten und ob es den Unternehmen gelingt, die Wallets verstärkt in Alltagssituationen einzubinden.

Handelskonzerne werden sich ebenfalls auf den Bereich Zahlungslösungen fokussieren. Für sie geht es darum, dem Endkunden einen möglichst niedrigschwelligen und nahtlosen Kaufvorgang inklusive Checkout zu bieten. Mit Blick auf die Erfolgschancen der Modelle liegt der Vorteil des Handels gegenüber anderen Akteuren darin, die Wünsche des Kunden nach einfacher und komfortabler Abwicklung am stärksten zu adressieren, da sie direkt dem Interesse des Handels entsprechen. Darüber hinaus werden sich große Handelskonzerne, die bereits über Zahlungslösungen verfügen, vereinzelt auch des Segments Lending Operations annehmen.

Für Medienkonzerne und Verlage stellt das Internet mit seiner Historie weitgehend frei verfügbarer Inhalte seit Langem eine bedrohliche Herausforderung dar. Insofern sie an neuen Konzepten für Bezahlinhalte interessiert sind, stehen sie innovativen Zahlungslösungen offen gegenüber, auch wenn sie selbst in diesem Bereich bisher nicht aktiv geworden sind.

Von zunehmender Bedeutung wird die Gruppe der Investoren sein. Im Private Equity-Bereich ist bisher vornehmlich Wagniskapital in die innovativen Unternehmen geflossen. Je weiter die Entwicklung gedeiht, d.h. je mehr einzelne Unternehmen Erfolg haben, desto mehr drängt weiteres Kapital in den Markt, das nicht mehr nur von Venture Capital-Unternehmen stammt. Das neue Kapital wird sogar umgekehrt zur Vermeidung von Risiken und zum Aufbau von Portfolien genutzt. Zugleich aber wird sich, je weiter die Entwicklungen voranschreiten, der Markt um so diversifizierter gestalten. Im Ergebnis wird es für die Investoren schwieriger, erfolgversprechende Konzepte von weniger attraktiven zu unterscheiden. Deshalb werden die Bemühungen um Transparenz verstärkt, die mittels Kennzahlen die Szene der Innovatoren vor neue Ansprüche stellen und eine Vergleichbarkeit zwischen einzelnen Konzepten ermöglichen.

Für die außer den Banken im Markt für Finanzdienstleitungen agierenden Innovatorenschließlich ist die weitere Marktdurchdringung bzw. die Erschließung und Ausweitung ihrer Geschäftsfelder zentral. Bisher sind die Innovatoren im Banking stark auf einzelne Banking-Services fokussiert. Für ihre weitere Entwicklung ergeben sich daraus drei Möglichkeiten: Sie können erstens den Durchbruch in dem von ihnen adressierten Bereich schaffen, sie können zweitens zu interessanten Partnern im Sinne der Kooperation für andere, größere Spieler werden, oder sie können ihre Geschäftsmöglichkeiten im Banking ausweiten. Derzeit wird jede dieser Möglichkeiten im Markt realisiert. Es bleibt spannend, ob sich Innovatoren in Zukunft weiterhin auf spezifische Banking-Services beschränken oder ob sie beginnen, umfassendere Banking-Angebote zu formulieren.

Übergreifende Themen und Tendenzen
In dieser Gemengelage und angesichts des asynchronen Entwicklungsstands sowohl innerhalb der Segmente als auch der Marktakteure stechen drei Themen und Entwicklungstendenzen heraus.

  • Die Entwicklung erfasst immer stärker den Business-to-Business (B2B)-Bereich, während viele Innovatoren mit einem klaren Fokus auf den Endkunden im Business-to-Consumer (B2C)-Bereich angetreten waren.

  • Physische Offline- und virtuelle Online-Welt wachsen zusammen “ oder verlieren umgekehrt ihre klare Trennung. Diese Entwicklung spiegelt die neue Stufe der Digitalisierung wider, die früher die Übertragung des Analogen in digitale Formate meinte, heute aber auf die neuen Optionen abhebt, die eigenständig aus der Digitalität erwachsen und in der Konsequenz auch das Analoge erfassen und verändern.

  • Big Data wird eine zunehmende Rolle in innovativen Banking-Konzepten spielen.Dieser Trend zeichnet sich über die Segmente hinweg ab, die immer stärker informationsgetrieben sind und dabei auf Daten nicht mehr nur über Einzelnes zurückgreifen, sondern auf Informationen, die eine Masse an Daten zur Voraussetzung haben.

Finanzinstitute angesichts Innovation und Digitalisierung
Die gegenwärtige Konstellation aus Segmenten, Akteuren und Tendenzen der Digitalisierung und Innovation im Banking ist unübersichtlich. Für Banken hängt vieles davon ab, ob sie die Offenheit der aktuellen Situation dazu nutzen, ihren Fokus auf klassische Themen zu erweitern, um Erfahrungen mit Innovationen und Innovatoren zu sammeln. Ausgewählte Felder wie das Personal Finance Management bieten gute Chancen dafür.

Um diese Erfahrungen in eine nachhaltige Handlungsstrategie einfließen zu lassen, ist ein schlüssiges Innovations-Konzept notwendig, das auf den Kompetenzen und Interessen des einzelnen Finanzinstituts aufbauend einerseits zwischen den Optionen der Adaption, der Innovation und der Kooperation unterscheidet, das andererseits die viralen Themen einer zukunftsfähigen Filialstruktur, einer anschlussfähigen Technologiebasis und der Regulatorik berücksichtigt. Für das zukünftige Geschäft der Banken wird die entscheidende Frage darauf lauten, inwiefern sie die ihnen aus der Digitalisierung und der Innovation erwachsenden Möglichkeiten und Opportunitäten zu nutzen verstehen.

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Artur Burgardt

Artur Burgardt
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Artur Burgardt ist Managing Partner bei CORE und spezialisiert auf das Management agiler Umsetzungsprojekte in komplexen Kontexten. Als ausgebildeter theoretischer Physiker sammelte er erste Berufs...

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Artur Burgardt ist Managing Partner bei CORE und spezialisiert auf das Management agiler Umsetzungsprojekte in komplexen Kontexten. Als ausgebildeter theoretischer Physiker sammelte er erste Berufserfahrung als Business Analyst bei großen Finanzdienstleistern und erwarb grundlegende Kenntnisse in der Entwicklung von Kernbankensystemen. Dieser Karriereschritt führte ihn zu CORE. Mit seinem umfangreichen Wissen verantwortet Artur neben den Projekten bei Klient:innen das Knowledge Management bei CORE.

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