Technologien der Datenauswertung als Wettbewerbsvorteil für Finanzinstitute

KEY FACTS

  • Zunehmende Bedeutung von Daten und Informationsgewinnung auch für Finanzinstitute

  • Rasante Beschleunigung der Verarbeitung großer Datenmengen durch innovative Technologien

  • Vorteile insbesondere im Risk- und Fraud-Management

  • Datenanalysen als Basis zur Personalisierung des Produktangebotes

  • Potential der Steigerung der Kundenzufriedenheit und Kundenbindung durch individuelle, informationsbasierte Beziehung

REPORT

Die Menge elektronisch gespeicherter Daten wächst rapide. Zwischen 2010 und 2012 hat sich die weltweite Datenmenge auf 2,8 Zettabyte mehr als verdoppelt (Studie IDC, Digital Universe 2013). Für Akteure erwächst daraus die Herausforderung, diese Daten aufzubereiten und insbesondere im Sinne der Informationsgewinnung auszuwerten. Die Schwierigkeit besteht darin, die Menge an Daten zu verarbeiten, um aus ihnen Informationen und Wissen zu generieren. Die vorhandenen strukturierten und unstrukturierten Daten bestmöglich zu nutzen, kann Unternehmen einen erheblichen Informations- und Wissensvorsprung und damit einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil verschaffen. Dies betrifft immer stärker auch Finanzinstitute, die das Potential der Datenauswertung für ihr Geschäft adressieren können.

Ziel der Akteure muss sein, die vorhandenen vielfältigen Daten so auszuwerten, dass aus dem generierten Informationsvorsprung zum einen eine signifikante Verbesserung bereits etablierter Prozesse erreicht wird und zum andern neue Handlungsmöglichkeiten und neue Geschäftsmodelle entstehen können. Bisher war dies aufgrund der immensen Datenmengen insbesondere hinsichtlich der Geschwindigkeit problematisch, da die Daten nur in begrenzter Geschwindigkeit verarbeitet und ausgewertet werden konnten. Eine Lösung zur Verbesserung der Analysegeschwindigkeit bieten moderne Technologien wie SAP HANA und Oracle Exalytics auf Basis von In-Memory-Datenbanken.

In-Memory-Technologie verwendet aufgrund der besseren Zugriffsgeschwindigkeit den Arbeitsspeicher anstelle der Festplatte zur (Zwischen-)Speicherung von Daten, wodurch gegenüber herkömmlichen Datenbanktechnologien erhebliche Performancevorteile erreicht werden können. Insbesondere im analytischen Bereich sind solche Lösungen aktuell von großer Bedeutung.

In Banken ist das Risk-/Liquidity-Management eine zentrale Funktion, das von den erheblich verbesserten Analyse-Geschwindigkeiten profitieren kann. Risikobewertungen benötigen heute zumeist mehrere Stunden und werden nicht untertägig, sondern im Rahmen der Tagesendverarbeitung einmalig am Tag vorgenommen. Durch die Beschleunigung der Einzeltransaktionen einerseits und die Erhöhung der Anzahl der Transaktionen andererseits sind zunächst wesentlich schnellere und in der Folge präzisere Ergebnisse zu erzielen. Der notwendige Risikopuffer der Institute kann hierdurch genauer und effizienter bemessen werden, was zu einem direkten Liquiditätsvorteil führt. Auch im Bereich der Fraud Detection spielt die erhöhte Geschwindigkeit eine Rolle. In-Memory-Datenbanken ermöglichen, extrem hohe Datenvolumina mit Regeln und Vorhersagealgorithmen nahzu in Echtzeit nach Betrugshinweisen zu durchsuchen und führen so zu einer direkten Effizienzsteigerung in Fraud-Detection und Fraud-Prevention.

Der Einsatz genauer Datenanalysen und die Informationsgewinnung sind auch im Zusammenhang mit dem Ausbau der Online- und Mobile-Banking-Kanäle sinnvoll. Online- und Mobile-Kanäle haben in den letzten Jahren bereits deutlich an Bedeutung gewonnen und sind inzwischen fester Bestandteil der Multi- und Omnikanal-Strategie von Finanzinstituten. Das Online-Geschäftsvolumen ist entgegen dem rückläufigen traditionellen Geschäft in den vergangenen zwei Jahren um fast 50% gewachsen (Dgroup/Adams, Top Management Consulting).

Im Rahmen des Online- und Mobilebankings spielt die Bereitstellung von Informationen insbesondere in zwei Hinsichten eine große Rolle: Für Banken kommt es darauf an, die über Kunden gesammelten Daten für den Aufbau einer individuellen Kundenbeziehungen auszuwerten und zu nutzen. Zugleich ist es für Kunden wichtig, mit Finanzinstituten über einen Partner zu verfügen, der Informationen so aufbereitet, dass insbesondere die Überinformation (information overkill) vermieden werden kann.

Der Onlinebanking-Kunde nutzt vielfältige Möglichkeiten zur Informationsfindung und verlässt sich nicht mehr unbesehen auf die von einer Bank angebotenen Produkte. Er ist flexibler und wechselwilliger. Insbesonders im Online- und Mobile-Umfeld ist es daher notwendig, Kundenbindung durch Herstellung einer persönlichen Beziehung zu erreichen (Online Strategie in Deutschen Retailbanken). Denn trotz einer steigenden Anzahl an Interaktionen mit dem Kunden über Mobile-Kanäle hat die Personalisierung der Beziehung abgenommen (World Retail Banking Report 2013).

Ein Ziel der Institute muss daher sein, ihre Angebote zu personalisieren und dem Kunden dadurch einen spürbaren Mehrwert zu liefern. Auch hier spielt das Thema Data-Mining eine Rolle. Die im Rahmen des Mobilebanking gesammelten Daten können zur Analyse des Kundenverhaltens und der Kundenbedarfe genutzt werden. In einer Sybase-Umfrage waren knapp 60% der befragten Unternehmen der Meinung, dass diese Möglichkeit bisher nicht ausreichend ausgeschöpft würde (Mobile Banking aus Sicht der Banken). Dabei ist der mögliche Mehrwert “ nicht nur bezogen auf die schwer messbare Kundenbindung “ enorm. Einzelanbieter geben eine Steigerung des Umsatzes pro Kunden durch Vermittlung personalisierter Angebote von bis zu 12% an (The Financial Brand).

Neben den personalisierten Angeboten können Banken ein auf die Bedarfe der Kunden zugeschnittenes allgemeines Informationsangebot formulieren. Denn trotz breiter Informationen und aktiv geforderter Auswahlmöglichkeiten sind viele Kunden von den Angeboten insbesondere der komplexen Finanzdienstleistungs- und Versicherungsprodukte überfordert und benötigen zusätzliche Beratung (Online Strategie in deutschen Retailbanken). Daher kann ein erfolgversprechendes Differenzierungsmerkmal die Möglichkeit der persönlichen Kommunikation, z.B. per Chat, sein. Durch die direkte, zeitlich zusammenhängende Beratung kann die Anzahl der online getätigten Produktabschlüsse erheblich gesteigert werden. Hierzu kann ein detailliertes persönliches Kundenprofil ebenfalls hilfreich sein, da der Mitarbeiter der Bank die Beratung direkt auf den Kunden abstimmen kann, ohne ihn persönlich zu kennen.

Der mögliche Gewinn aus der sinnvollen Verarbeitung bereits heute vorhandener Daten sowie die effektive Neugewinnung von Informationen kann in verschiedenen Geschäftsbereichen dazu beitragen, Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Auch Unternehmen der Finandienstleistungsbranche sollten sich dem Wert ihrer Daten bewusst sein. Dabei bleibt der Spagat zwischen der Vorteilsgewinnung und der Gewährleistung der Daten-Sicherheit und -Integrität zu meistern.

Um die bestehenden Potential nutzen zu können, ist es für Finanzinstitute zwingend erforderlich, die systemtechnischen und organisatorischen Voraussetzungen für eine effiziente Datennutzung zu schaffen. Veraltete Legacy-Systeme müssen modernisiert werden, um durch Standardisierung der Schnittstellen eine flexible und wachstumsfähige IT-Landschaft zu schaffen, welche die Integration moderner Technologien ermöglicht. Durch die damit einhergehende Standardisierung der Prozesse können die Prozesskosten wesentlich gesenkt werden. Zugleich müssen die Institute den Fokus stärker als bisher auf das wachsende Mobile-Geschäft legen.

Ohne Zweifel liegt in diesem technologischen Wandel der umfassenden Datenauswertung eine Vielzahl an Herausforderungen für Finanzinstitute. Während für viele von ihnen diese Thematik noch in weiter Ferne liegt, werden andere damit beginnen, die neuen Technologien insbesondere zur Optimierung und Erweiterung ihres Geschäfts zu nutzen.

QUELLEN

Studie IDC „Digital Universe“ 2013
http://www.monitor.at/index.cfm/storyid/14902_Digital_Universe-Daten_sind_das_Oel_des_21._Jahrhunderts

Dgroup/Roland Adams, Top Management Consulting. Schlechte Noten für Online-Auftritte deutscher Finanzdienstleister 2013
http://www.d-group.com/schlechte-noten-fur-online-auftritte-deutscher-finanzdienstleister/

BearingPoint, Online Strategie in Deutschen Retailbanken 2011
http://toolbox.bearingpoint.de/images/pdf/DN-11010_CMS_0689_WP_DE_Retail_Banking_final_web.pdf

Capgemini/Efma, World Retail Banking Report 2013
http://www.de.capgemini.com/sites/default/files/resource/pdf/wrbr_2013.pdf

Sybase, Mobile Banking aus Sicht der Banken 2008
http://www.mobile-zeitgeist.com/wp-content/uploads/Sybase365_GlobalMobileBankingStudy2008.pdf

The Financial Brand, Financial Institutions Flock To PFM Tool Boasting ‘Bubble Budgets’ 2013
http://thefinancialbrand.com/29078/money-desktop-persona-financial-management-tool/

 

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Artur Burgardt

Artur Burgardt
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Artur Burgardt ist Managing Partner bei CORE und spezialisiert auf das Management agiler Umsetzungsprojekte in komplexen Kontexten. Als ausgebildeter theoretischer Physiker sammelte er erste Berufs...

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Artur Burgardt ist Managing Partner bei CORE und spezialisiert auf das Management agiler Umsetzungsprojekte in komplexen Kontexten. Als ausgebildeter theoretischer Physiker sammelte er erste Berufserfahrung als Business Analyst bei großen Finanzdienstleistern und erwarb grundlegende Kenntnisse in der Entwicklung von Kernbankensystemen. Dieser Karriereschritt führte ihn zu CORE. Mit seinem umfangreichen Wissen verantwortet Artur neben den Projekten bei Klient:innen das Knowledge Management bei CORE.

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